CDU-Fraktion will Fakultatives Referendum in Thüringer Landesverfassung einfügen
Mike Mohring: Thüringen wäre Vorreiter in Deutschland
Erfurt – Die Thüringer Bürger sollen zukünftig die Möglichkeit erhalten, eine Volksabstimmung über Gesetze zu erzwingen, die der Thüringer Landtag beschlossen hat. Eine entsprechende Verfassungsänderung will die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag in der kommenden Plenarsitzung beantragen. Das kündigte heute der Vorsitzende der Fraktion, Mike Mohring, in Erfurt an. Dem Vorschlag zufolge können 50 000 Bürger innerhalb von 100 Tagen einen Volksentscheid über das entsprechende Gesetz erzwingen. Nach den bestehenden Regeln der Thüringer Verfassung muss mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten an der Abstimmung teilnehmen. Das wären zurzeit etwa 460 000 Bürger. In ihrer Sitzung beschloss die Fraktion außerdem einen umfangreichen Änderungsantrag zu dem von Rot-Rot-Grün vorgelegten Vorschaltgesetz zur Gebietsreform.
Laut Mohring „ist der kommunikative Autismus von Rot-Rot-Grün in Sachen Gebietsreform zwar der Auslöser für diese Initiative, jedoch ausdrücklich nicht der eigentliche Grund. Das ist der verbreitete Verdruss über die politische Praxis, dem wir etwas entgegensetzen wollen.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende kündigte an, mit den Bürgern und im Thüringer Landtag das Gespräch über diese Initiative zu suchen. Die Union wolle eine breite Debatte. Wörtlich sagte Mohring: „Findet sich die notwendige Zweidrittelmehrheit für unseren Vorschlag, wäre das die bedeutendste Weiterentwicklung der direkten Demokratie seit der Verabschiedung der Verfassung 1993 und der großen Verfassungsänderung von 2003. Thüringen wäre Vorreiter in Deutschland.“
Im Widerspruch zur Repräsentativen Demokratie bewegt sich die Fraktion nach den Worten ihres Vorsitzenden mit dem Vorschlag nicht. „Regierung und Parlament gehen wie bisher ihrer Aufgabe nach. Aber das Volk hat das letzte Wort, wenn es massive Bedenken hat“, so der Unionspolitiker. Das Verfahren zwinge den Gesetzgeber von vornherein zur Sorgfalt, zur verständlichen Darlegung und Vermittlung der eigenen Position und der Suche nach breiten Mehrheiten. „Das tut dem Parlament gut. Und die Bürger erhalten ein Instrument, um dem Gesetzgeber auf die Finger zu schauen. Das ist gut für die Demokratie“, so Mohring. Die Hürden seien so, dass tatsächlich ein sehr ernster Widerspruch vorhanden sein müsse. Wie er hinzufügte, fordert die CDU, dass die Verfassungsänderung in Kraft ist, bevor die Eingriffsgesetze zur Gebietsreform verabschiedet werden. Damit ist aus Sicht der Fraktion gewährleistet, dass die Bürger ein Votum abgeben können, wenn die Karten im doppelten Wortsinn tatsächlich auf dem Tisch liegen.
Für das Vorschaltgesetz wartete die CDU mit einer Reihe Änderungsvorschlägen auf. So sollen sich die Kreisgrößen an den 1994 beschlossenen Richtwert von 80 000 Einwohnern orientieren. Kreisfreie Städte können nach den Vorstellungen der Unionsfraktion auch weniger als 100 000 Einwohner haben, wenn die kulturelle, geschichtliche oder touristische Bedeutung dies nahelegt oder sich die Einwohner in einer Bürgerbefragung für die Kreisfreiheit aussprechen. Die Mindestgröße für Gemeinden soll 5000 statt 6000 Einwohner betragen. Auch Verwaltungsgemeinschaften mit einer Mindestgröße von 5000 Einwohnern soll es zukünftig noch geben. Die für Gemeinden vorgesehene Freiwilligkeitsphase für Neugliederungen fordert die CDU auch für Landkreise und Verwaltungsgemeinschaften.
Dr. Karl-Eckhard Hahn
Pressesprecher