Macht ist in der Demokratie Macht auf Zeit. Spätestens alle fünf Jahre vergibt das Staatsvolk, der Inhaber der Staatsgewalt, sie neu. Dazu wählt es einen Landtag, der wiederum wählt eine Regierung. Bis es so weit ist, führt die alte die Geschäfte weiter, denn regiert wird immer. Was einer geschäftsführenden Regierung fehlt, ist eine Bestätigung durch das neue Parlament.

Zurückhaltung wäre die logische Folge. Bodo Ramelow sieht das anders. Der brüstete sich kürzlich in einem Interview damit, er bleibe ohne Einschränkungen im Amt, da ja gar nicht klar sei, ob ein neuer Landtag eine neue Regierung wählen könne. Die Mittel dazu will er sich auch beschaffen. Durch einen Haushalt für das Jahr 2020, den noch der alte Landtag mit seiner alten Mehrheit beschließen soll. Das ist mehrfach bemerkenswert. Zunächst geht Ramelow offenbar selbst davon aus, dass sein rot-rot-grünes Bündnis nach den Landtagswahlen in Thüringen keine Mehrheit mehr hat. Vor allem jedoch fällt die politische Unkultur auf, die sich hier Bahn bricht. Verfassungsregelungen für eine Übergangszeit werden auf provozierende Weise überdehnt. Noch nie hat ein alter Landtag ein Haushaltsgesetz verabschiedet, das ausschließlich ein nächstes Parlament bindet. Haushalte sind nun einmal die in Zahlen gegossene Politik. Die Landtagsverwaltung hat auf die erheblichen Rechtsbedenken hingewiesen.

Die Ansage, mit Hilfe dieses Haushalts Thüringen gegebenenfalls auch ohne erneuerte Legitimation durch den Landtag weiter gestalten zu wollen, zeigt den eigentlichen Sinn dieses Manövers und zeugt vor allem von einem: mangelnder Demut vor dem Sinn demokratischer Regeln.