Justizpolitiker Manfred Scherer zur Weimarer Entscheidung zum Neutralitätsgebot

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08.06.2016

Justizpolitiker Manfred Scherer zur Weimarer Entscheidung zum Neutralitätsgebot

Bodo Ramelow hätte durch Urteil gegen Heike Taubert gewarnt sein können

Erfurt – „Es ist das gemeinsame Interesse aller Demokraten, den Einfluss extremistischer Parteien auf das Gemeinwesen zu verhindern. Zugleich sollten alle Demokraten ein Interesse daran haben, dass staatliche Ämter mit der gebotenen Neutralität ausgeübt werden.“ Das hat der justizpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Manfred Scherer, zu der heutigen Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshof im Organstreitverfahren der NPD gegen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gesagt. „Der Parteipolitiker Ramelow hat zahlreiche Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Auf die Ressourcen seines Staatsamtes muss er dabei nicht zurückgreifen“, so Scherer. Scharf kritisierte der Justizpolitiker die nach der Entscheidung einsetzende Gerichtsschelte: „Demokraten sollten auch ein Interesse an  unabhängigen, nur an Recht und Gesetz, aber nicht an politisches Wohlgefallen gebundenen Gerichten haben“, sagte der Abgeordnete.

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat heute in einem Organstreitverfahren über das Neutralitätsgebot des Staates im politischen Wettbewerb entschieden. Danach sind Amtsinhaber zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet, soweit sie sich in amtlicher Funktion äußern. Dagegen hat Ministerpräsident Ramelow verstoßen, weil Aussagen zur NPD über die Social-Media-Kanäle der Staatskanzlei verbreitet worden sind. Scherer stellte ausdrücklich klar, „dass die Aussagen Bodo Ramelows in der Sache nicht umstritten sind und sich auch die CDU in vergleichbarer Weise geäußert hat“. Er verwies darauf, dass der Bundesrat in großer Geschlossenheit beim Bundesverfassungsgericht ein Verbot der NPD anstrebt. „Doch auch eine aus unserer Sicht verfassungswidrige Partei kann nur auf verfassungskonforme Weise bekämpft werden. Wer die freiheitliche demokratische Grundordnung gegen Extremisten verteidigt, bekommt ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn er die Grundregeln dieser Ordnung selbst verletzt“, sagte Scherer.

 

Besonders ärgerlich sei, dass der Ministerpräsident hätte gewarnt sein können. Bereits im Dezember 2014 war der Thüringer Verfassungsgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall zum gleichen Ergebnis gelangt. Die damalige Sozialministerin Heike Taubert hatte zum Protest gegen einen NPD-Parteitag aufgerufen und dazu auf Ressourcen ihres Hauses zurückgegriffen. Entschieden wies der Justizpolitiker Einlassungen der LINKEN zurück, keine „Maulkörbe“ zuzulassen. Diese Einschätzung sei absurd, da der Amtsinhaber zahlreiche Möglichkeiten habe, sich zu äußern. Scherer verwies beispielhaft auf die mehr als 37 200 Tweets des Ministerpräsidenten in seinem Twitter-Account. „Wer Urteile der Gerichte boykottieren will, untergräbt die Fundamente des Rechtsstaats und muss sich nach seiner eigenen Loyalität gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung fragen lassen“, sagte der Unionsabgeordnete.

 

 

Dr. Karl-Eckhard Hahn

Pressesprecher