Politik, meinte einst der berühmte, in Erfurt geborene Soziologe und Nationalökonom Max Weber, „bedeutet ein starkes, langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß.“ Blickt man sich dieser Tage in Deutschland um, gewinnt man den Eindruck, dass davon außer der Leidenschaft gerade mal wieder wenig übrig geblieben ist. Manche Debatten machen einen geradezu hysterischen Eindruck. Die einen sehen das Abendland untergehen, die nächsten gleich die ganze Welt, andere wollen im Osten Deutschlands nur Nazis sehen. Alle zusammen scheinen zu meinen, nur sie hätten die Wahrheit gepachtet und alle anderen seien böswillig oder dumm. Die LINKE HennigWellsow meint, nach Ramelow komme nur noch die Barbarei. Der AfDVorturner Höcke sieht bei der Konkurrenz vornehmlich Psychopathen und Schizophrene am Werk. Der Politik traut man nichts zu - und erwartet im gleichen Atemzug alles von ihr. Keine praktikablen Lösungen, sondern am liebsten gleich Erlösung von allen Übeln der Welt. Und das möglichst umgehend.

Die Sommerferien wären eine gute Gelegenheit, mal einen Gang zurückzuschalten und sich ein paar Dinge in Erinnerung zu rufen: In der Politik werden keine ewigen Wahrheiten verhandelt, sondern schlicht Interessen und unterschiedliche Vorstellungen von dem, was gut und richtig ist. Dafür gibt es Institutionen wie den Landtag und Verfahren, die dafür sorgen, dass möglichst viel mit in den Blick gerät und ausgesprochen wird. Das dauert nun einmal. Doch gerade wenn die Leidenschaften allenthalben hochkochen, ist das besonders wichtig. Denn so erhält auch das Augenmaß eine Chance. Wir Christdemokraten nennen es Maß und Mitte.