Plenarbericht der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag - 100. Plenarsitzung (23.11.2017)

23.11.2017


Die aufgeführten Drucksachen (Drs.) können in der Parlamentsdokumentation des Thüringer Landtags nachgeschlagen werden.

(TOP 1) "Lauinger-Affären" endlich ein Ende setzen – Justizminister entlassen

Nach diversen Skandalen im Thüringer Justizvollzug und um den Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hatte die CDU-Fraktion eine Sondersitzung des Plenums einberufen. Zur Debatte stand mit der Drucksache 6/4744 die Entlassung des Justizministers. „Heute geht es schlicht um die Frage von Glaubwürdigkeit, politischem Anstand und Verantwortung“, eröffnete der CDU-Abgeordnete Raymond Walk seine Begründung des Antrags. Er erinnerte an die herausgehobene Stellung eines Justizministers innerhalb einer Regierung. Ein Justizminister, habe das Recht wie den eigenen Augapfel zu hüten und dürfe nicht sich selbst oder eigene, private Interessen darüber erheben. Walk zählte die Verfehlungen des Ministers auf und begann mit dem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, das dem Justizminister einen Verfassungsverstoß bescheinigt hatte. Walks Appell an den Minister: „Schützen Sie Ihr Amt, schützen Sie das Vertrauen in das Recht und prüfen Sie vor Ihrem Gewissen, welchen Dienst Ihr Amt jetzt von Ihnen fordert.“

Im Anschluss nahm der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Manfred Scherer, die lapidare Aussage des Justizministers der Rot-Rot-Grünen Koalition auf, dass es in jeder JVA Drogenprobleme gebe. „Allein dieser Satz reicht schon, um ganz deutlich zu machen: Dieser Justizminister hat überhaupt nicht begriffen, was seine Aufgabe ist.“ Das mit diesem Satz zum Ausdruck gebrachte Verständnis des Amtes reiche schon, um eine Entlassung des Justizministers zu fordern. Scherer stellte klar, dass nicht der einzelne Vorfall als solcher vorwerfbar ist, sondern die Reaktionen des Justizministers: „Wenn Herr Lauinger beispielsweise sagt, dass wenn eine Resozialisierung angestrebt werde, Außenkontakte erlaubt werden müssten, auch wenn damit Risiken für die Sicherheit der Justizvollzugsanstalten verbunden seien, dann kann eine solche Aussage nur noch mutwillig als Sozialromantik bezeichnet werden.“ Hintergrund dieser Vorwürfe war ein jüngst in den Medien bekannt gewordenes Telefonnetzwerk, mit dem mutmaßlich Rockerbanden innerhalb und aus Thüringer Gefängnissen heraus während des Vollzuges ihrer Freiheitsstrafen weiter agiert haben. Auch die zutiefst unredliche Informationspolitik des Justizministers im Justizausschuss mahnte Scherer mit Verweis auf die Aufklärung über Drogen im Justizvollzug im Dezember 2016. Die Antwort im damals einberufenen Sonderausschuss war, dass die Justizvollzugsanstalten wie andere Justizvollzugsanstalten in Deutschland nicht drogenfrei und insbesondere in der JVA Tonna aufgefundene Drogenmengen nicht exorbitant hoch seien. Im Januar 2017 fasste der Justizminister zusammen, dass seinem Ministerium keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass der Drogenkonsum in den Thüringer Justizvollzugsanstalten in letzter Zeit signifikant zugenommen habe. Bei den in den Thüringer Anstalten aufgefundenen Drogen handle es sich in der Regel um Kleinstmengen, gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern. Kein Wort verlor der Justizminister über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den organisierten Drogenring mit zwanzig Verdächtigen. Dementsprechend rügte der Abgeordnete Scherer scharf, dass Minister Lauinger hinsichtlich der sich verschärfenden Drogenproblematik tatenlos geblieben sei: „Es mag sein, dass der Justizminister in der Flüchtlingspolitik eine besondere Berufung sieht. Dann aber hätte der Ministerpräsident einen Flüchtlingsminister berufen sollen. Ein Justizminister ist Herr Lauinger jedenfalls nicht.“

Die CDU-Justizpolitikerin Marion Walsmann zeichnete detailliert den Gefangenenausbruch am 17. Oktober aus der JVA Suhl-Goldlauter nach. Dort war ein mutmaßlich schwer krimineller Untersuchungshäftling aus einer Arbeitsmaßnahme heraus geflüchtet. Das Ministerium hatte den Ausschuss und die Öffentlichkeit falsch über die tatsächliche Gefährlichkeit des Entflohenen informiert. Die Abgeordnete kritisierte die stetige Kommentierung des Ministers, solcherlei passiere ja überall und appellierte, endlich zu reagieren und auch die Bediensteten ernst zu nehmen. „Der Ablauf und das Verhalten des Justizministers stellt sich wie eine Chronologie eines justizpolitischen Totalversagens dar“, befand Walsmann, wobei die Summe der vom Justizminister zu verantwortenden Vorfälle gemeint sei. „Der Schutz der Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Straftaten durch Sicherheit im Strafvollzug als Glückssache – das ist uns zu wenig“, konstatierte Walsmann.

Als vierter Redner der CDU-Fraktion erinnerte der bildungspolitische Sprecher Christian Tischner an die vom Justizminister gegen geltendes Recht erwirkte Freistellung seines Sohnes von einer Schulprüfung. Im Schuljahr 2016/2017 nahmen 6.523 Schüler an Thüringer Schulen an der Besonderen Leistungsfeststellung (BLF) und an Nachterminen teil. Der Sohn des Ministers aber hat weder diese Prüfung abgelegt noch hat er sie nachgeholt. „Am Ende bleibt der Eindruck im Raum stehen, dass Sie um eines kleinen Vorteils willen Ihr Amt für private Zwecke missbraucht haben. Schützen sie Ihr Amt, indem Sie es abgeben“, appellierte Tischner abschließend.

Der Antrag der CDU-Fraktion wurde mit den Stimmen von SPD, LINKE und Bündnis90/DIE GRÜNEN mit knapper Mehrheit abgelehnt.