Kellner: Entschädigung für Opfer politischer Gewalt kann nicht davon abhängen, wer die Täter waren

Erfurt – „Die schrecklichen Taten des NSU erstrecken sich über das gesamte Bundesgebiet. Zahlreiche Behörden in unterschiedlichen Bundesländern und auf Bundesebene waren an den Ermittlungen beteiligt. Ich halte es daher für falsch, daraus ein ausschließlich Thüringer Thema zu machen, wie es in den Anträgen der Linkskoalition zum Ausdruck kommt.“ Das hat der Obmann der CDU-Fraktion im NSU-Untersuchungsausschuss, Jörg Kellner, heute im Thüringer Landtag gesagt. Zwei Anträge der regierungstragenden Fraktionen hatten die Einrichtung eines eigenen Thüringer Opferentschädigungsfonds sowie die Schaffung eines Gedenkortes in Thüringen zum Ziel – waren im Vorfeld des Plenums aber nicht mit der CDU-Fraktion abgestimmt worden. „Wir haben der Landesregierung in der heutigen Plenarsitzung eine Brücke gebaut, indem wir die Beratung im Ausschuss beantragt haben, um auf unsere Bedenken einzugehen. Wenn der Linkskoalition eine gemeinsame Unterstützung ihrer Anträge wirklich so wichtig gewesen wäre, wie sie jetzt behauptet, hätte sie uns vorher informieren und mit uns über die Anträge reden müssen. So liefert sie nur ein weiteres Beispiel ihrer mangelhaften Kommunikationskultur“, erklärte Kellner.

Bei den Taten des NSU handelt es sich zweifellos um eines der schmerzlichsten Kapitel der Thüringer Geschichte nach der Wiedervereinigung.

Jörg Kellner Obmann der CDU-Fraktion im NSU-Untersuchungsausschuss

„Bei den Taten des NSU handelt es sich zweifellos um eines der schmerzlichsten Kapitel der Thüringer Geschichte nach der Wiedervereinigung. Eine gesonderte Regelung für die Opfer der NSU-Verbrechen ließe jedoch unberücksichtigt, dass in Thüringen auch andere Menschen Opfer rechtsextremer und anderer politischer Gewalttaten geworden sind, teils mit erheblichen Verletzungen, und auch teils mit Todesfolge“, erinnerte Kellner an den 1993 in Arnstadt getöteten Karl Sidon oder die Opfer des Überfalles auf die Kirmesgesellschaft in Ballstädt. „Es ist nicht vermittelbar und in gewisser Weise makaber, wenn eine Entschädigung davon abhängen sollte, wer die Täter waren“, gab der CDU-Abgeordnete zu bedenken.

Gleichzeitig warnte Kellner davor, die Schaffung eines solchen Fonds würde die unzureichende Arbeit der Thüringer Sicherheitsbehörden noch vor einer gerichtlichen Klärung umdeuten in eine direkte Schuld. „Kein Gericht hat bislang eine direkte Schuld Thüringer Behörden festgestellt. Ein solcher Fonds nimmt die Arbeit der Justiz vorweg“, kritisierte Kellner. Er verwies dazu auf den Schadensersatz- und Schmerzensgeldprozess gegen das Land Thüringen am Landgericht Erfurt. „Ich hätte mir gewünscht, dass die Landesregierung auf die Gewaltenteilung vertraut und dem Gericht die Chance lässt, die Verantwortlichkeiten auszuurteilen. Die Verkündung des Plans für einen Opferfonds aus Thüringen am ersten Verhandlungstag wirkt auf mich wie eine vorweggenommene Entscheidung und hält derzeit die weitere juristische Klärung auf“, sagte Kellner. 

Mit Blick auf den Antrag der Linkskoalition, eine Stätte der Erinnerung und Mahnung für die NSU-Opfer in Thüringen zu schaffen, verwies Kellner auf die bereits geschaffenen Mahnmale in Nürnberg, München, Hamburg, Rostock, Kassel, Dortmund und Heilbronn, wo es durch die Tatorte jeweils direkte Anknüpfungspunkte zu den Mordopfern gibt. Dieser sei jedoch in Thüringen nicht gegeben, so der CDU-Abgeordnete. „Richtig ist, dass die Täter in Thüringen aufwuchsen und hier sozialisiert wurden, sie jedoch keinen der Morde in Thüringen verübten. Das heißt, erster Bezugspunkt eines solchen Denkmals sind notwendigerweise immer die Täter, nicht jedoch die Opfer. Ich will mir nicht ausmalen müssen, dass ein solches Denkmal im schlimmsten Fall zur heimlichen Pilgerstätte für Neonazis, Rassisten und NSU-Sympathisanten wird“, warnte Kellner. 

Felix Voigt
Stellv. Pressesprecher

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